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Runden in Runden - Spielbericht 1

Bild von Drak

Unter-Haltung gegen Rollenspiel

Vor 2 Wochen haben wir die erste Testrunde einer schon lange in mir schwelenden Idee gespielt: Runden in Runden. Rollenspieler, die Rollenspielen und damit die Welt verändern. Und andere, die das auch tun. Das hier ist mein Spielbericht.


Teilgenommen haben D. (ich, als SL), K. (langjähriger Spieler in meinen Runden), G. (langjähriger Spieler) und S. (neue Spielerin).

Wir haben den Abend begonnen, indem wir uns als Charaktere erstellt haben. Wenn ihr gerade gestolpert seid: Das war kein Grammatikfehler. Wir haben wirklich das Tabu gebrochen, uns selbst zu spielen. Gezielt und mit Absicht :)

Und entgegen der Befürchtung ging das sehr gut. Ein Grund dafür könnte gewesen sein, dass wir die Charaktererschaffung mit den Charakterheften von EWS 3.0 gemacht haben (zumindest hoffe ich das :) ).1 Grundlegend heißt das, wir haben für jeden von uns die folgenden Fragen (selbst) beantwortet:

  • „Wie wirkst du?“ (Beschreibung)
  • „Was treibt dich an?“ (Plot-Aufhänger)
  • „Worauf stützt du dich?“ (starke Eigenschaften, höchstens 3)
  • „Worüber stolperst du?“ (schwache Eigenschaften, höchstens 2)
  • „Was hast du gelernt?“ (Fertigkeiten)
  • „Als was siehst du dich?“ (Hintergrund und gelernte Berufe)
  • „Was macht dich einzigartig?“ (Merkmale)
  • „Was hast du zur Hand?“ (wichtige Gegenstände)

Da die Fragen sehr persönlich sind, werde ich die Antworten hier nicht aufschreiben. Die Dynamik der Diskussion war allerdings sehr schön - vor allem, als dann jemand sagte „ich weiß nicht, worauf ich mich stütze“ und sofort von mehreren Leuten Vorschläge kamen.

Eine andere tolle Antwort war: „Mir gibt meine Freundin Kraft“ (keine Einwände, das gilt).

Wir brauchten etwa eine halbe Stunde und die Fragen waren alle klar verständlich - abgesehen von „Als was siehst du dich?“. Da war unsicher, ob damit nur bereits Gelerntes gemeint ist oder auch, was man gerne mal sein würde (deswegen habe ich bei der Frage hier im Text gelernte Berufe geschrieben).

Nachdem wir dann Punkte auf die Antworten verteilt und die entsprechenden Werte aufgeschrieben hatten, begannen wir die Runde: Mit einem Gang zum Dönerladen. In-Play wie Off-Play :)

Auf dem Weg unterhielten wir uns wie gewohnt. Die ersten Minuten waren die Gespräche etwas holprig („Spielen wir jetzt eigentlich gerade auch?“ — „Klar!“), aber wir sind schnell in den Fluss gekommen. Schon bevor wir losgegangen sind, hatten wir angefangen zu überlegen, was wir spielen wollen, und da von vier Leuten drei Vampire Diaries guckten, haben wir uns dafür entschieden.

Kurzer Einwurf zur Benennung. Ich nenne ab jetzt die Runde, in der wir uns selbst gespielt haben, die äußere Runde. Die Runde Vampire Diaries, die unsere Charaktere gespielt haben, nenne ich die Innere Runde.

Beim Essen im Dönerladen (der in Graben an der Hauptstraße hat angenehme Tische zum dort essen) haben wir unsere Charaktere für die Innere Runde erschaffen: Eine Sängerin, auf die Damon steht und deren Vater Geschichtslehrer ist. Einen Expressionismus-Hexer und Schüler des Vaters der Sängerin. Und die durchreisende schwarze Bärbel (Name: Bärbel, Phänotyp: Afrikanerin), deren Pheromone Vampirfähigkeiten blockieren. Jeder Charakter hatte einfach zwei bis drei Werte mit insgesamt 7 Punkten. Oft war ein Wert mit 6 Punkten gekauft (also auf +++), so dass die Charaktere der inneren Runde sehr viel Eingleisiger waren als die Charaktere der äußeren Runde. Und das war auch gewollt: Sie sollten einfach ein oder zwei starke Erkennungsmerkmale haben.

Nach dem Essen sind wir in der äußeren Runde (und der Realität) zurückgegangen. Auf dem Weg habe ich zum ersten Mal meinen SL-Hut aufgezogen (nur mit der entsprechenden Geste - ich hatte leider keinen echten Hut dafür): „Erinnert ihr euch an den ausgeschalteten Fernseher im Dönerladen? Der war an. Er brachte einen Lokalbericht über eine geplante Demo gegen die Probebohrungen zur Ölförderung in Leopoldshafen.“

Es hat einen Moment gedauert, dann haben alle realisiert, dass die Realität und die äußere Runde nun beginnen, sich in zwei unterschiedliche Realitäten aufzuteilen. Ich habe dann nochmal explizit gesagt, dass unsere äußere Runde sich nun etwas von der Realität löst - und die Freiheit hat, immer weiter abzuweichen.

Dann habe ich alle gefragt, ob jemand Freunde hat, die häufig Serien gucken. Zum Glück hatten G. und S. eine passende gemeinsame Freundin. Ich habe G. rekrutiert, um die Rolle der Freundin zu übernehmen, und habe ihm gesagt, dass sie S. anruft und erzählt, dass diese Woche alle Serien komisch waren. Sie haben alte Folgen wiederholt, und immer irgendwelche, in denen Gruppen von Menschen aggressiv wurden (auch Vampire Diaries - dazu haben wir sogar eine passende Folge gefunden: Als das Haus des Bürgermeisters von dem wütenden Mob niedergebrannt wurde, während die Vampire ausgeschaltet waren und einige im Keller dieses Hauses lagen). Im Internet waren allerdings die richtigen Folgen zu sehen.

G. hat das Gespräch mit S. sehr schön ausgespielt und einen Teil des Rückwegs waren wir in einer Meta-Diskussion (also nicht in der äußeren Runde, sondern als wir selbst, die nicht angerufen wurden), wie das denn wäre, wenn sowas in der wirklichen Welt passieren würde. Ich habe das gerne laufen lassen, denn es hat sehr schön die Stimmung vorgelegt.

Zu Hause angekommen haben wir angefangen Vampire Diaries zu spielen. Die Sängerin von S. sang in einer Kneipe. Es waren fremde Geschäftsleute da, und ihr Vater saß mit seinem Schüler an einem Tisch. An der Bar saß Bärbel. Neben ihr Damon.

Die Situation habe ich genau so begonnen: Ein festgelegter Einstieg, um die Charaktere zusammenzubringen. Und ich habe so begonnen, wie ich es von Fizban gelernt habe: Den spannendsten Charakter der Serie richtig leiden lassen :)

Damon wollte dann die Sängerin manipulieren, damit sie mit ihm woanders hin geht. Aber seine Kräfte waren durch Bärbels Pheromone unterdrückt. Also stand er nur vor ihr und sagte ihr „wir gehen jetzt woanders hin“. Als das nicht klappte, war er entsprechend verdutzt. Aber vielleicht hatte sie ja Eisenkraut genommen. Also versuchte er sein Glück beim Wirt. Was auch nicht funktionierte. Und dann war auch schon der Geschichtslehrer zur Stelle, um Damon zu sagen, dass er die Finger von seiner Tochter lassen sollte. Den Manipulationsversuch fasste er als einfache Beleidigung auf und schlug zu. Und Damon stürzte zu Boden - schließlich waren seine Kräfte immernoch unterdrückt.

Die Sängerin unterbrach ihr Lied sofort und eilte zu ihm. Die Geschäftsleute begannen sich aufzuregen („sie soll weitersingen!“) und der Geschichtslehrer ging perplex zurück auf seinen Platz. Später sagte er seinem Schüler, dass er erwartet hatte, gleich von Damon zusammengefaltet zu werden…

Über kurz oder lang eskalierte die Lage. Die Geschäftsleute verlangten Entschädigung von Damon für den verpatzten Abend und alle anderen aus Mystic Falls stellten sich hinter Damon (immerhin war er einer der Ihren). Als die zwei Gruppen sich anschrien und die Lage kurz davor war, in eine Schlägerei zu münden, rief die Sängerin in ihr Mikrofon: „Alle setzen! Sofort! Sonst beende ich meinen Auftritt jetzt!“

Sie würfelte auf „Sängerin“ mit einem Bonus aus ihrer Eigenschaft „Damon“ (immerhin machte sie das für Damon) und warf zwei 6-er hintereinander. Da dem Ergebnis niemand etwas entgegenzusetzen hatte, setzten sich alle.

Ich habe nicht gewürfelt. Sie hatte Sängerin 12 mit +2 durch Damon. Dazu zwei 6-er sind 26. Die anderen hatten passende Werte zwischen 12 und 15, hatten also schon zwei 6-er gebraucht, um unter der Effektschwelle ihrer sozialen Eigenschaften zu bleiben, und selbst um einen kritischen Effekt zu vermeiden (das Äquivalent zur kritischen Wunde in EWS 2.x), hätten sie eine gerade Zahl würfeln müssen - also wurde die Hälfte der Leute bleibend erschüttert.

Später am Abend unterhielt sich die Sängerin noch mit Bärbel, die nicht glauben wollte, dass es Vampire gibt. Die Sängerin rief Damon zu Hilfe, der auch prompt versuchte, Bärbel zu beißen. Aber ohne Vampirzähne und Vampirkraft wurde das seltsam. Der Wirt machte sich derweil fleißig Notizen…

Dann unterbrachen wir die Innerer Runde, denn in der äußeren Runde war es schon nach Mitternacht (in Wirklichkeit etwa elf). Am nächsten Morgen (Sonntag) sah G. in den Nachrichten, dass die Demo in Leopoldshafen völlig ausgeartet war (Zitat eines Polizisten: „So was habe ich noch nie gesehen! Die Demonstranten waren wie tollwütige Hunde. Ich bin heilfroh, dass wir da lebendig herausgekommen sind!“). Bis jemand aus dem Orga-Team auf den Orga-Wagen gestiegen ist und in das Mikrofon rief: „Alle setzen! Sofort! Sonst beende ich die Demo jetzt!“.

Und alle, Demonstranten wie Polizisten, setzten sich und blieben den Rest des Abends friedlich..

…wie die Runde weiterging erzähle ich in einem späteren Beitrag. Ich hoffe, ihr hattet Spaß am Lesen!


  1. Die neuen Charakterhefte versuche ich bald ins Netz zu stellen - die Scribus-Datei ist online (Komplett-Ordner mit notwendigen Bildern), aber noch kein PDF). 

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„Durch das fixe Regelsystem haben wir nur sehr wenig Zeit auf Regelebene verbracht und hatten mehr Muße, auf das Setting einzugehen.“
— PiHalbe: Mutant — Under­gångens Arvta­gare
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