1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln
1„Wenn Magie der leichteste Weg wäre, gesellschaftliche Ziele zu erreichen, dann wären fast alle von uns Magier.“
Magie ist meist langsamer, umständlicher und anstrengender als andere Wege zum gleichen Ziel, aber sie ist der schnellste Weg zur persönlichen Weiterentwicklung (wenn auch nicht der sicherste), und es gibt manche Ziele, die nur mit Magie erreichbar sind.2
Daher ist Magie das Mittel derer, die bereits alles haben, die sich weiterentwickeln wollen oder die bereits so gut sind, dass der Vorteil durch Magie ihnen gerade den kleinen Vorsprung gibt, den sie brauchen.
Magie bringt Leben in alles, was wir tun. Sie unterscheidet das Genie von dem Meister, aber sie genügt nicht, um als Anfänger einen Profi überbieten zu können, und sie zu lernen braucht weit mehr Zeit und Arbeit als vom Anfänger zum Profi zu werden.
ENTWURF für die Magie-Regeln der Kampagne „Die Welt hinter der Welt“.
Wer Magie wirken will, braucht das Merkmal „Magischer Fluss“, das angibt, wie viel er verändern kann, und die Fertigkeit „Rituale“, die angibt, wie komplex die Veränderungen sein dürfen.
In der mundansten Version kann sich ein Magier auf beliebige Handlungen einen Punkt Bonus pro Plus in dem Merkmal verschaffen3, muss dafür aber ein Ritual wirken, das nicht nur Zeit sondern auch Anstrengung kostet. Für dieses Ritual gibt es die Fertigkeit „Rituale“. Die Schwierigkeit der Probe und die Anstrengung durch das Ritual hängen von der Anzahl der Proben ab, für die der Bonus gelten soll, außerdem von dem zeitlichen Abstand zwischen Ritual und Proben (pseudo-logarithmisch: 1 Minute, 1 Stunde, 1 Tag, 1 Monat, 1 Jahr) und von rituellen Werkzeugen (geben Boni auf die Probe). Dazu können Magier ihre eigenen rituellen Muster bilden, die sie bei bestimmten Aufgaben unterstützen (Merkmale, die pro + 3 Punkte Bonus auf die Probe geben).
Eine etwas mystischere Version ermöglicht es, beliebigen Menschen Boni oder Mali in maximal der Höhe des Merkmals zu geben. Um beide zu verbinden, kann die Zielperson gegen den Zauber würfeln. Wenn sie mit einer passenden Eigenschaft besser würfelt als der Magier, wehrt sie das Ritual ab. Ein Magier spürt, wenn ein anderer Magier gegen ihn zaubert und kann das Ritual mit einem eigenen Ritual auflösen, bevor es seine Wirkung entfaltet. Mundane Personen würfeln erst in dem Moment, in dem das Ritual wirkt.
Die Schwierigkeiten und Auswirkungen von „echter“ Magie können mit diesen recht mundanen Effekten als Maßstab festgelegt werden.
Für die Weiterentwicklung: Durch spezielle Rituale geistige Merkmale wegkaufen. Durch misslungene Rituale geistige Nachteile erhalten (und dafür mystische Vorteile bekommen).
TODO: Mindestwürfe und Erschöpfung für typische Rituale festlegen.
Magie zu beherrschen lohnt sich nur bei sehr mächtigen Charakteren als kleine Zusatz-Unterstützung, oder wenn sich die Kampagne hauptsächlich um Probleme dreht, für deren Lösung Magie notwendig (oder zumindest sehr nützlich) ist.
Beispiel, normale Leute: Jessa ist ein 15-jähriger Magier und will unbedingt die nächste Prüfung bestehen. Durch sein Studium der verschiedensten magischen Künste hat er die Schule vernachlässigt, und es geht um seine Versetzung. Er hat „Magischen Fluss“ auf + und die Fertigkeit „Rituale“ auf 11. Außerdem hat er den Beruf „Schüler“ auf 6. Die Prüfung nur zu bestehen ist für normale Schüler Routine (MW 6), doch für Jessa ist sie fordernd, zumal ihm seine Eigenschaft „Eindringlichkeit“ dabei in keinster Weise nutzt. Also wirkt er am Tag davor ein Ritual, das ihm einen Punkt Bonus auf die Probe in der Prüfung gibt, so dass er immerhin eine ⅔ Chance hat, sie zu bestehen, und nicht nur 50% (auch eine 1 ist ein Erfolg, und nicht nur 2, 4 und 6). Das Ritual macht ihn etwas selbstsicherer und zweimal fallen ihm Antworten ein, die er nie gelernt hat.
Beispiel 2, angehende Helden: Naroe, Jessas Mentorin in der gleichen Klasse, steht vor dem gleichen Problem wie Jessa. Sie ist allerdings weitaus begabter als er und hat zwar Schülerin auch nur auf 6, dafür aber „Magischer Fluss“ auf +++ (6 Dreiecke). Ihr Ritual gibt ihr 3 Punkte Bonus, so dass sie fast die gleichen Chancen wie ein normaler Schüler hat (⅚) – obwohl sie nicht lernt.
Beispiel 3, Mächtige unter den Mächtigen: Numa, in der gleichen Klasse aber deutlich stärker als ihre beiden Mitschüler (und bemüht, nicht zu große Nähe zu zeigen: Sie hat keine Zeit für Anfänger), hat „Magischer Fluss“ auf ++++++ (21 Dreiecke). Ihr Ritual gibt ihr 6 Punkte Bonus, so dass sie nicht mehr durchfallen kann. Da sie allerdings nicht nur bestehen, sondern auf jeden Fall gut abschneiden will (MW 12: fordernd für diejenigen mit passender Fertigkeit oder Spezialisierung), erschwert sie zusätzlich dem Lehrer die Probe bei der Korrektur. Durchschnittlich erreicht Numa mit „Schülerin“ auf 6 und dem Magiebonus einen Wert von 12, schneidet also sehr gut ab. Sie kann aber bis zur 4 abrutschen. Dafür muss der Lehrer allerdings die Fehler finden, normalerweise eine Routineaufgabe (6). Er hat „Lehrer“ auf 9, Effektivwert 10 durch die Eigenschaft „pedantisch“. Normalerweise würde er nur mit einer 5 so viele Fehler übersehen, dass er die falsche Note gibt. Durch den Malus von 6 braucht er allerdings schon eine 2, um die Fehler zu sehen, was Numas Chancen auf eine bessere Note nochmal um 50% erhöht. Sie hat damit eine 75% Chance, eine eins zu erhalten.
Beispiel 4, Meisterkünstler: Rolabar ist Sänger und steht täglich auf der Bühne. Wie seine Konkurrenten ist er ein legendärer Sänger. Er ist bei 18 (++++), plus 2, jeweils entweder durch seine Ausstrahlung (++) oder durch seine Stimme (++). Sein Konkurrent hat lange an seiner Stimme gefeilt und sie auf +++ gesteigert (3 Dreiecke). Rolabar dagegen hat sich grundlegende Kenntnisse der Magie angeeignet und nun „magischer Fluss“ auf + (1 Dreieck) und Rituale auf 12 (1 Dreieck). Wenn sein Ritual gelingt, ist er im Durchschnitt genauso gut wie sein Konkurrent, doch er hat noch ein Dreieck übrig. Ein anderer Konkurrent hat einfach den Beruf „Sänger“ auf 19 gesteigert (1 Dreieck und 2 Striche) und ist so noch günstiger an die höhere Fähigkeit gekommen. Dafür kann Rolabar seine Magie auch nutzen, um es sich zu erleichtern, die Wogen im Streit mit seiner Freundin zu glätten.
Das Magie-Icon (gaze) wurde von cedricd, isaac, jetryl für Battle for Wesnoth erschaffen. ↩
Interessanterweise gilt das meiste davon auch für Rollenspiele. Ergo: Rollenspiele sind… :) ↩
d.h. das Merkmal kann Boni geben wie eine normale Eigenschaft, zählt aber nicht gegen die Grenze 2-Eigenschaften pro Fertigkeit, bzw. eine Eigenschaft pro Beruf. Außerdem kann es jeder Fertigkeit und jedem Beruf Boni geben. ↩
Hört sich interessant an
Klingt interessant, das Magie eher etwas umständlicheres ist. So beugt man vor allem diesen Dingen wie "Ich bin ein Magier, ich bin so mächtig nur weil ich zaubern kann und keiner kann mir mehr was anhaben" vor, wenn du verstehst was ich meine... ;)
Die Regelbasis finde ich teilweise etwas schwer zu verstehen:
"In der mundansten Version kann das Merkmal Boni geben wie eine normale Eigenschaft, zählt aber nicht gegen die Grenze 2-Eigenschaften pro Fertigkeit, bzw. eine Eigenschaft pro Beruf." ... musste ich ein paar Mal drüber lesen um zu verstehen was das bedeutet.
Die Beispiele finde ich aber super klasse! Die sind echt total anschaulich und verdeutlichen das man mit weniger Aufwand meistens ein ähnliches, wenn nicht besseres Ergebnis in einer Sache erzielen könnte. Und vor allem sind sie lustig zu lesen.
Freut mich, dass dir die
Freut mich, dass dir die Beispiele gefallen! Ich hatte auch viel Spaß beim Schreiben :)
Ich habe versucht, die Regelbasis etwas einfacher zu machen.
Mir ist für das System wichtig, dass Magie auch als „jeder kann das lernen“ in eine Welt wie unsere integriert werden kann, ohne gleich das Gefüge der Welt zu sprengen. Kurz: Unsere Welt + Magie, aber regeltechnisch so ausgestaltet, dass die Magie für normale Leute eben nicht unbedingt interessant ist (zumindest nicht über so Taschenspielertricks wie Grundemotionen sehen durch Aurawahrnehmung (was auch über einfach gut zuhören gehen würde) oder Pendeln von Wasseradern (was durch Beobachtung der Pflanzen gehen würde) hinaus).
Warum wirft nicht jeder einen Feuerball? Weil es viel einfacher ist, zu lernen wie man jemanden mit einem Wurfmesser töten kann (und mit einer Pistole erst recht).
Auf die Art gibt es dann doch Magier (wir spielen Helden, also haben wir (irgendwann) die Punkte, um auch mit Magie was reißen zu können), aber ihre mundanen Weggefährten (gleiche Stärke) können viel viel mehr - abgesehen von den Momenten, in denen es um Magie geht.
Warum gibt es kaum Schutz gegen Magie? Weil kaum jemand sie nutzt, weil sie eben bei weitem nicht das einfachste Mittel ist, um ein Ziel zu erreichen.
Magie in Shadowrun ist so stark wie automatische Feuerwaffen (→ Magie ist Fähigkeit und Werkzeug in einem). In Fantasy ist sie anfangs meist so stark wie ein Knüppel und am Ende so stark wie eine Armee (ein Charakter wird Heerführer, der andere Magier). In beiden Fällen ändert sie die Welt deutlich.
In der Welt hinter der Welt soll sie im Hintergrund bleiben, aber nicht, weil eine mächtige Cabale das so will, sondern weil es eben völlig ineffizient ist, Magie zu lernen - es sei denn, man will sich magischen Problemen stellen. Die von denen erschaffen werden, die ihre Punkte ebenso in Magie „verschwenden“ (und sei es auch vor ihrer Geburt, um ein riesiges magisches Potenzial zu haben).
Eine Welt, in der Magie auch dann im Hintergrund ist, wenn alle Personen in der Welt ihre Werte pseudo-zufällig steigern (was sie schon können oder trainieren eher steigern als anderes, ihre Begabungen und neue Fähigkeiten aber Gauss-verteilt).
Und wenn Magie irgendwann stärker werden sollte, würde mit den Magiern das gleiche passieren, wie mit den Computer-Nerds aktuell: Diese abstruse Subkultur würde plötzlich wichtig und jeder will es lernen, aber es würden trotzdem großteils weltferne Nerds und Spinner bleiben :)
Klingt gut...
... aber wieso sollte ich als Spieler dann überhaupt in Magie investieren wenn sie mir keinen Vorteil bringt. Ich kann doch mit den gleichen Punkten mehr erreichen, wenn ich sie gleich auf meine gewünschte Eigenschaft lege. Was für einen Anreiz gibt es von Spieler (und vor allem auch für Charaktere) Magie zu erlernen? Gibt es etwas, was nur Magier machen können? Sehen nur sie magische Wesen und können mit ihnen in Kontakt treten? Was für andere Abenteuer ergeben sich wenn ich Magie kann, die ich nur machen kann, weil ich Magie beherrsche? Wenn nichts dergleichen gegeben ist, dann hat es weder für den Spieler wie auch für den Charakter einen Mehrwert.
Okay, das ist vielleicht mehr etwas für einen Hintergrund wie für die Regeln. Aber das ganze ist ja als Kampagnen-Idee überschrieben. Hast du dir darüber auch schon Gedanken gemacht?
Magie für Magisches
Jepp: Magie ist da nützlich, wo nur noch Magie hilft: Geister, Flüche, magische Schrecken, Dämonen, andere Magier, Ansammlungen negativer Schwingungen (die Schwache Form einer Ortsverfluchung), …
Außerdem gibt es eigentlich 4 Gründe Magie zu nutzen:
Außerdem könnte der Punkt hinzugefügt werden, dass Magie kurzfristig effizient sein kann (Schwächen in Kauf nehmen, um Macht zu erhalten) aber langfristig nicht (die Schwächen holen dich ein; du bist konstant auf der Flucht vor oder im Kampf mit deinen dunklen Seiten, und irgendwann wirst du verlieren → regelmäßig würfeln).
Die ersten und die letzten geben beide gute Antagonisten ab.
Magie lohnt sich für Spieler aber explizit nur dann, wenn sich die Kampagne auch um Magie dreht.
Steigerung
Gedanke: Wer in den Sog der Magie gezogen wird, verändert sich. Dadurch erhalten die Charaktere recht viel Erfahrung, aber es gibt auch immer große Risiken, sich Schwächen einzufangen.
Alleine schon der Kontakt mit Magie bringt Weiterentwicklung (d.h. alleine schon in der Runde dabei zu sein bringt Erfahrungspunkte).
Allerdings gibt es viele Situationen, in denen ein Würfelwurf entscheidet, ob der Charakter sich Nachteile einfängt, die von Marotten bis zu Psychosen gehen können.
Das Beste, was ich je - JE -
Das Beste, was ich je - JE - über Magie gelesenen habe. Da ich selbst Bücher dazu schreibe, will ich hier anonym bleiben, aber werde viel von dem hier mit korrekter Angabe des Urhebers zitieren. So leicht und einfach es scheint geschrieben zu sein, so tief ist es in seiner Weisheit und Wahrheit.
Das freut mich riesig! Danke
Das freut mich riesig! Danke für deine Rückmeldung!
zur Magie an sich muss ich
zur Magie an sich muss ich etwas sagen.
In meinem persönlichen Weltbild finden sich einige Dinge aus der Magie wieder, was sich über Spruchmagie, Elementalmagie, Runenmagie - eigentlich über nahezu alle im Umlauf befindlichen Disziplinen der Magie erstreckt. ( Die Wahl meines Namens rührt von meiner persönlichen Überzeugung zum Thema Magie )
Sicher bin ich mir, dass es auf dem Gebiet nichts gibt, was es nicht gibt - allerdings möchte ich auch dazu sagen, dass die Thematik mit Vorsicht zu genießen ist.
Von daher, drak, hast du schon Recht - schreibe zumindest auf deiner privaten Seite nichts, was du nicht belegen kannst und vor allem, dessen Kausalkette du nicht vollends überblicken kannst. Respekt für diese Haltung.
( Der letzte Satz ist der, den ich eigentlich loswerden wollte - allerdings ohne einen gewissen Grad an Vorgeschichte wäre er kaum zu verstehen gewesen ).
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