1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln

Eskalieren: Weitermachen zu einem Preis

Bild von Drak

Ich habe gerade den Artikel von The Alexandrian zu Technoir gelesen und mir ist eine parallele zu dem Eskalieren aufgefallen, an dem ich schon lange werkele.

Beim Eskalieren in kons und konf ging es darum, dass jemand, der im Kampf verliert oder fällt weitermachen kann, wenn er dafür negative Merkmale nimmt, die seine Handlungmöglichkeiten beschränken.

In Technoir läuft es gerade anders herum: Leute bekommen Adjektive aufgedrückt und können sie vermeiden, indem sie Verletzungen in Kauf nehmen.

Daher habe ich darüber nachgedacht, ob wir das nicht ähnlich integrieren können. Ein Wettstreit hat dann 3 mögliche Erfolgsgrade: Geschafft (höher als der Gegner: ich erreiche mein Ziel, verursache aber keine langfristigen Effekte), Bewegt (erreicht die Wundschwelle der entsprechenden Eigenschaft des Gegners: Der Gegner kann entweder eine Marotte oder ein zeitweiliges Merkmal akzeptieren, die ihn in meine Richtung drängt, oder eine Wunde nehmen) und Bezwungen (erreicht die dreifache Wundschwelle: Der Gegner bricht entweder zusammen oder kann ein negatives Merkmal nehmen, das ihn in meine Richtung bringt).

Um mal das Beispiel aus dem Thread „Darf ich bitten“ im Tanelorn zu nutzen: Gewinne ich beim Verführen, dann kann ich die Dame überzeugen, mit mir zu tanzen. Bewege ich sie, wird sie den Wunsch haben, Zeit mit mir zu verbringen - zumindest für eine Weile. Bezwinge ich sie (das klingt in dem Zusammenhang böse…), dann wird sie mir verfallen. Noch nicht Hals-über-Kopf und ohne Ausweg, aber für längere Zeit (bis sie den Nachteil wieder wegkaufen kann - wenn sie das will).

Sie kann dabei zu jeder Zeit aussteigen.

Gewinne ich, kann sie einfach ihren Abend ruinieren. Sie wird sich noch mit Gewissensbissen plagen, aber nach spätestens einer Woche ist sie darüber hinweg (dann ist der Schaden geheilt).

Bewege ich sie, kann sie sich entscheiden hart abzubrechen. Sie wird die nächsten Wochen depressiv sein (und weiteren Versuchen meinerseits schwerer widerstehen können, weil die Wunde sie schwächt), aber irgendwann wird sie es überstanden haben (wenn die Wunde geheilt ist).

Bezwinge ich sie, kann sie nur durch einen kompletten psychischen oder körperlichen Zusammenbruch entkommen, der Monate brauchen kann, bis er heilt. Und hier wird es böse realistisch…

Was haltet ihr davon?

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Bild von Drak

Darf ich Bitten - meine Notizen dazu in Tanelorn

Damit meine Aufschriebe hierzu nicht irgendwann verschwinden, kopiere ich meine längeren Beiträge zum Thema in Tanelorn hier hinein.

Soweit ich deine Idee verstanden habe, geht es grundlegend darum, gemeinsam ein Ergebnis erzielen zu können, ähnlich wie bei kooperativen Proben. Und das finde ich eine sehr schöne Idee.

Die Mechanik wirkt für mich aber zu schwergewichtig.

Ich versuche das Beispiel der Verführung zu nutzen.

Eine Schwäche, die ich hier in vielen Systemen sehe, ist, dass es keinen Wert dafür gibt, was es bedeutet, verführt worden zu sein.

Das müsste also als erstes geändert werden. Zum Beispiel könnte jeder Charakter temporäre Merkmale ansammeln können, die durch Erfolge bei Proben an Kraft gewinnen.

Wenn dann ein Charakter einen anderen verführen will, gibt es 3 mögliche Handlungen:

  • Der andere Charakter will das nicht. Damit würfeln beide einen Wettstreit. Wenn der Verführende verliert, erhält er das temporäre Merkmal „abgeblitzt“, das ihm weitere Verführungsversuche erschwert (oder vielleicht Proben verlangt, bevor er es nochmal versuchen darf→traut sich nicht mehr). Wenn er gewinnt, hat der verführte Charakter das Merkmal „interessiert an …“.
  • Dem anderen Charakter ist es egal. In dem Fall würfelt der Verführende eine Probe gegen einen passenden Mindestwurf. Deren Ergebnis wird bewertet wie im ersten Fall (gibt also temporäre Merkmale).
  • Der andere Charakter sympathisiert. In dem Fall kann er entweder dem Verführenden direkt Boni geben, oder er kann eine Probe würfeln, mit der er dem anderen Boni gibt. Im Extremfall könnte er versuchen, sich selbst zu verführen. Dann könnte der Effekt beider Proben addiert werden.

Gerade der letzte Punkt ist allerdings eine Abkehr der vollkommenen Kontrolle der Spieler über die Psyche ihrer Charaktere, da hier der Charakter nicht einfach entscheidet, nun verführt zu sein, sondern sich aktiv selbst zu ändern versucht - und dabei auch scheitern kann.

Es wäre ein Tanz

  • Gegeneinander,
  • Alleine, oder
  • für ein gemeinsam erreichbares Ziel.

EDIT: Ich denke, dein recht komplexes System könnte sehr gut laufen, wenn es in den Hintergrund eigebettet ist. Eine ganze Region, die nach diesen Prinzipien strukturiert ist. Wenn die Prosa diese Struktur beschreibt, bildet das System einen essenziellen Teil des Spiels.

→ Update: Die Proben/Wettstreite können für jeden Beteiligten gewürfelt werden. Es kann sehr wohl sein, dass sie sich gegenseitig zu verführen versuchen und der abgeblitzte sich dabei verliebt…


Danke für die Idee!

Ich muss das irgendwann mit 1w6 umsetzen. Sollte nicht so schwer sein, erzielte Differenzen in temporäre Nachteile umzusetzen (Nachteil = Einschränkung der freien Entscheidung des Spielers über seinen Charakter). z.B. pro 3 Punkte Differenz einen Strich. Ab 9 Punkten, also 3 Strichen (Δ) ist es bereits definierend für den Charakter. Das würde zum Beispiel für „verliebt sich“ passen. Ab 27 Punkten erhält der Charakter eine temporäre zentrale Besonderheit → http://1w6.org/deutsch/module/leitfaden-fuer-eigene-module#grundtypen

9 Punkte sind der Wert, ab dem ein Charakter im Taktischen Kampfsystem einen Kampf beenden kann. Passt also ganz gut für gelungene Verführung → http://1w6.org/deutsch/module/taktische-kaempfe-takm

Die Höhe könnte bei einem sanften System jeden Tag um 1 Punkt zurückgehen, bis der Nach- oder Vorteil wieder weg ist.

Ein etwas heftigeres System würde zusätzlich bei 1/3 einer passenden Eigenschaft (durchschnitt: 4) eine Wunde verpassen. Die Besonderheit würde sich pro Woche um eine Anzahl von Punkten gleich 1/3 der Eigenschaft minus 1 pro Wunde sinken. Dadurch wäre es durch mehrere Verführungsversuche möglich, den anderen Charakter so sehr zu beeinflussen, dass seine verliebtheit sich ohne Hilfe immer weiter steigern wird, bis er sich irgendwann vollständig verzehrt.

Es braucht nur 4 Wunden, dann reduzieren sich die temporären Besonderheiten nicht mehr… wobei die Wunden natürlich nicht schlecht sein müssen, wenn der andere Charakter sich verführen lassen wollte. Nur wird er es ab diesem Punkt nicht mehr los → die Geister, die ich rief :)

Konkret: Wenn der andere das auch will, bekommt der Würfelnde einen Bonus von 1 pro +, den der andere in einem passenden Wert hat (Fertigkeit, Beruf oder Eigenschaft). Als Mindestwurf würde ich die Willenskraft des Verführten nehmen (jemand mit einem stärkeren Willen hat es damit auch schwerer, sich verführen zu lassen: Sein Geist will sich einfach nicht beugen). Alternativ eine andere passende Eigenschaft oder 12 (fordernd).

Außerdem addieren sich bei mehreren Versuchen die angesammelten Punkte, aber Wunden gibt es nur, wenn die entsprechende Anzahl von Punkten auf einen Schlag verursacht wird.

Das Ergebnis „keiner gewinnt“ ist dabei schlicht, dass die Differenz nicht reicht, um einen Strich zu erzeugen.

Damit ist das Regelwerk für ein Tanz-System in Grobzügen fertig :)

Und meiner Erfahrung nach ist es schnell und balanciert: Das hier sind einfach die angepassten Kampfregeln mit einer Neuinterpretation der Effekte. Damit profitiert es von inzwischen gut 8 Jahren zweiwöchentlichen Testspielen.

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„Das EWS ist ein rundum gelun­ge­nes Sys­tem, wenn es darum geht, mit ein­fa­chen Regeln eine Rol­len­spiel­runde aus dem Boden zu stamp­fen.“
— Tim Charzinski in der Rezension bei den Teil­zeit­helden
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