1w6 - Ein Würfel System - Einfach saubere, freie Rollenspiel-Regeln

Der Gratisrollenspieltag 2015 in Karlsruhe, mit NIP'AJIN Spielbericht

Bild von Drak

Dieses Jahr fand der Karlsruher Gratisrollenspieltag1 in der Spielepyramide statt: Ab 11:00 war das Material auf einem Tisch mit Spielmaterial, und bis 14:00 habe ich etwa 30-40 Leute gesehen, die sich das Material anschauten.

GRT2015 in der Spielepyramide um 11:00

GRT2015 in der Spielepyramide um 11:00

Um 12:00 war dabei schon etwa die Hälfte vergriffen, von den Zettel-RPGs gab es nur noch eins, und ich hatte schon einige Zeit mit Leuten vom Nerdpol-Forum geredet. Zwei Pathfinder-Runden liefen auch schon - und ich ziehe meinen Hut vor deren Nachwuchsarbeit: Die Hälfte der Leute waren Schüler und etwa ein Drittel Frauen. So läuft Nachwuchförderung und inklusives Spiel! Die Runde, die wir später spielten, war eher eine typische männliche Single-Nerd-Runde (soweit ich weiß alle bis auf mich ohne Kinder - bitte korrigiert mich, falls ich falsch liege)…

Wir Single-Nerd-Runde-to-be entschieden uns dann, die NIP'AJIN Shots2 zu testen3. Zusammen mit dem Ladenteam verlagerten wir das GRT Material von dem Tisch mit Stühlen zu einer Auslage direkt an der Treppe (an der später noch viele Leute standen) und kauften 3 Würfelsets (ich war wirklich ohne Würfel gekommen…). Während der Vorbereitung gesellten sich noch zwei weitere zu uns, und wir wählten ein Abenteuer:

Stress auf Archea-12,
also Science Fiction im Alien-Stil.

Keiner von uns hatte je NIP'AJIN gespielt, auch wenn ich die Regeln ein Jahr vorher mal gelesen hatte. Trotzdem waren wir binnen 15 Minuten im Spiel, alle hatten ihre Charaktere, und die Kreatur schlug zum ersten Mal zu.

Ab jetzt kommen SPOILER, wobei ich denke, dass ihr das Abenteuer auch dann noch problemlos spielen könnt, wenn ihr die Grundhandlung schon kennt. Wenn ihr euch trotzdem nicht spoilern lassen wollt, springt direkt zum Eindruck.

--- SPOILER ANFANG ---

Die Spieler wählten den Mechaniker, den Androiden, den Mediziner und den Sergeant und gaben ihnen Namen: Isaac, Fred-X[...], Will und Vladislav.

Dann skizzierte ich die Station: Einen Kreis in der Mitte, darum 6 weitere Kreise, durch Linien verbunden. An die Kreise schrieb ich willkührlich, welchen Abschnitt sie darstellten. (das Bild zeigt den Plan am Ende der Runde, inklusive Markierungen, welche Bereiche unzugänglich und welche Gänge und Lüftungsschächte zugeschweißt sind)

NIP'AJIN am GRT2015 in der Spielepyramide, Spielplan

Der Mechaniker Isaac und der Android Fred-X waren im Maschinenraum. Mediziner Will versorgte gerade eine Kopfwunde von Sergeant Vladislav in den Wohnunterkünften.

Ich nahm einen W4 und ließ die Spieler durchzählen. Dann würfelte ich und es fiel auf den Mechaniker Isaac: Er beobachtete gerade das versiegelte Labor, als ihm auffiel, dass das Gitetr eines Luftschachtes sich bewegte. Augenblicke später tauchte ein Reptiloides Wesen mit langen Klauen und Zähnen aus dem Luftschacht im Maschinenraum auf. (ich zeigte auf das Bild)

Die Spieler wählten jeweils ihren Aktions- und Reaktionswürfel. Alle mit Aktion über W8 handelten nach der Kreatur. Der Android fing an schlug mit bloßer Stahlfaust zu. Er traf die Kreatur frontal und schleuderte sie zurück in den Luftschacht.

Sie gaben den Notruf durch, der Sergeant und der Mediziner wollten zu ihnen stoßen, kamen aber nur bis in den Gang, und die Kreatur versuchte, ihnen in den Rücken zu fallen, erreichte sie aber nicht. Der Android versuchte der Kreatur den Weg abzuschneiden, war aber in der falschen Sektion (ich hatte ausgewürfelt, wen sie als nächstes Ziel nehmen würde) - was gerade gut war, weil er seine Würfel aufgebraucht hatte und deswegen eine Runde durchatmen musste. Die Kreatur griff an, teilte etwas Schaden aus, der Mechaniker schweißte den Luftschacht zum Labor zu, dann floh die Kreatur.

Dann zog sich die Kreatur zurück. Ich sagte offen und offplay an, dass jetzt eine einstündige Ruhephase folgen würde. Die Charaktere bereiteten sich auf den nächsten Angriff vor, zogen Raumanzüge an, trugen alles wichtige in die Kommandozentrale und schweißten alle nicht benötigten Abschnitte zu - inklusive der Luftschächte (nicht nochmal eine Quarantäne mit offenen Luftschächten ☺). Der Mechaniker baute eine automatische Abwehrwaffe. Sie hatte in allem W4. Der Sergeant setzte einen Notruf ab.

Nach einer Stunde griff die Kreatur wieder an: Alle Charaktere saßen auf der KOmmandobrücke und die Kreatur begann im unbewachten Maschinenraum die Steuerkonsolen mit einer schweren Stahlstange zu zertrümmern. Die Charaktere handelten erst, als nur noch die Triebwerke funktionierten (selbst die Lebenserhaltung war zerstört). Als die Kreatur angegriffen wurde, teilte sie etwas Schaden aus, beschädigte einen Raumanzug und wurde niedergemacht, bevor sie die Luftschläuse öffnen konnte. Sie ließ ihre Hinterbeine und Schwanz zurück und verschwand erneut.

Dann zertrat der Mediziner ihre Eier im Labor 1 (das mit den Tieren). Die Kreatur stürzte durchs Fenster hinein, griff den Mediziner an, wurde schnell verletzt, öffnete dann ein Schott per Knopfdruck (Kommentar eines Spielers „es ist intelligent!“ — ja, genau ☺) stürzte sich auf die automatische Abwehrwaffe, drehte sie auf die Charaktere und schaltete sie an (Ups - hätte der Mechaniker nicht vorher gesagt, dass er einen Funkgesteuerten Not-Aus-Knopf hat, wäre das schief gegangen), und wurde beim Versuch durch die Luftschleuse zu fliehen niedergemacht. Den letzten Schlag führte der schon schwer mitgenommene Mechaniker mit einem riesigen Schraubenschlüssel.

Sie aktivierten die Kommunikation wieder, ein paar Tage später meldete sich das Schlachtschiff „Quetsche 5“, der Mechaniker ging an den Funk und hätte es fast geschafft, sie alle pulverisieren zu lassen, hätte der Sergeant nicht eingegriffen, und dann schlüpften die Eier.

Am Ende sprengte sich der Android in die Luft, um die Jungen der Kreatur zurückzudrängen, die ihnen durchs All hinterhergesprungen waren, um der Zerstörung der Station durch das Schlachtschiff zu entgehen (was nur zur Folge gehabt hätte, dass sie die Charaktere mit in den Tod gerissen hätten) und der Mechaniker fing noch den Kopf ein, um dem Androiden neues Leben zu geben.

--- SPOILER ENDE ---

Mein Eindruck der Runde ist, kurz gesagt, dass sie viel Spaß gemacht hat, aber auf der Oberfläche blieb. Eher Brettspiel als Charakterspiel, aber durchgehend spannend und leicht zu leiten - und das mit zwei DinA5-Seiten als Material. Hut ab.

NIP'AJIN am GRT2015 in der Spielepyramide

Etwas detaillierter: Die Regeln machten das Spiel meinem Gefühl nach recht taktisch: Vor allem die Entscheidung zwischen guter Initiative oder starkem Würfel brachte ohne viel Aufwand eine eigene Taktische Dimension rein. Dass je nach Würfelnutzung alle zwei oder drei Handlungen ausgesetzt werden musste, wurde auch viel verwendet.

Charaktere blieben recht Flach. Wäre gut, ihnen mehr Raum zu geben - zumindest Name und Zitat. Vielleicht ist das teilweise eine Folge der Taktik auf Regelebene: Spieler achten ständig auf die Würfelpools, weniger auf die Charaktere selbst.

Für One-Shots bedeutet diese Taktikebene, dass mit sehr wenig Hintergrund ein spannendes Spiel entsteht, das uns viel Spaß gemacht hat. Der Fokus auf die Würfelebene muss also nicht unbedingt ein Nachteil sein. Was anderes als Dungeons, aber ähnlich einfach.

NIP'AJIN versucht nicht, zu simulieren. Wenn man sich darauf einlässt, dass die Regeln und nicht die Vorstellung entscheiden, was geht, funktioniert das gut.

Die Regeln am Anfang wirkten zu generisch für die Shots: Um mit den Shots spielbar zu sein, hätten zwei drittel der Regeln gereicht. Für das nächste Jahr könnte es nützlich sein, die Regeln in einen Teil für die Shots und einen allgemeinen Teil im Anhang aufzuteilen.

Die Kreatur war eine Herausforderung aber meinem Gefühl nach nicht wirklich gefährlich. Ich hätte ihr im Nachhinein noch ein oder zwei Boni gegeben - zum Beispiel einen Angriff aus den Schatten. Das Bild hat sie allerdings sehr plastisch gemacht, was die geringe Gefährlichkeit wieder wettmachte.

Alles in allem hat die Runde trotz meiner Verbesserungsideen hier viel Spaß und den Gratisrollenspieltag für mich zu einem vollen Erfolg gemacht!

Und jeder aus der Runde hat sich ein NIP'AJIN Shots mitgenommen: Für die Zeiten, wenn man einfach mal schnell was spielen will. Es sind immerhin noch 3 ungeteste Shots dabei.

Als wir um 14:00 fertig waren, war von den Materialien vom Gratisrollenspieltag nur noch ein übersichtlicher Rest geblieben - auch die 1w6 Zettel-RPGs waren schon komplett weg, obwohl es diesmal bis zu 6 pro Box gab - also genau so, wie es an einem GRT laufen sollte.

GRT2015 in der Spielepyramide um 11:00

Danke, Moritz, Karsten und dem ganzen Team vom Gratisrollenspieltag, danke Markus Leupold-Löwenthal alias LUDUS LEONIS von NIP'AJIN, und danke an all unsere Unterstützerinnen und Unterstützer, die es uns ermöglicht haben, das Zettel-RPG auf den GRT zu bringen!

Danke

  • Danny Kauer,
  • Dirk Busa,
  • Frank Delventhal,
  • Frau Lösel,
  • Heiko Sauerwald,
  • Jens Stengel,
  • Jonas Richter,
  • Julian G.,
  • Kilian und Mara,
  • Lyrelle,
  • Markus Becker-Bruchmann,
  • Melem Bayati,
  • Oliver ‚Knox‘ Jahnel,
  • Phillip Schönherr,
  • Raimund Stapelfeldt,
  • Sophia Brandt,
  • Sphärenmeisters Spiele Roland Bahr,
  • Stephan Renner,
  • Thomas Gaum und
  • Thorsten Panknin!

Ihr seid toll!


  1. Der Gratisrollenspieltag ist eine gemeinsame Aktion von 100 Spielevereinen und Läden sowie Verlagen und Hobbyautoren im ganzen deutschsprachigen Raum - vom Schweizer Meggen und Österreichischen Klagenfurt im Süden über Trier im Westen und Dresden im Osten bis nach Kiel und Flensburg im Norden. Auf der Webseite des Gratisrollenspieltages gibt es eine Karte aller Teilnehmenden Läden und Vereine

  2. NIP'AJIN heißt übrigens Niemand Ist Perfekt, Aber Jeder Irgendwie Nützlich. Wobei ich das Japanisch klingende Kürzel viel schöner finde :) 

  3. Warum ich NIP'AJIN geleitet habe, und nicht die Zettel-RPGs? Die Zettel-RPGs sind nicht als Con-One-Shots konzipiert, und die NIP'AJIN Grundregeln sind frei und copyleft. NIP'AJIN zu unterstützen hilft also freien Rollenspielen, und erfüllt damit eins der grundlegenden Ziele, die ich mit 1w6 verfolge. 

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— Tim Charzinski in der Rezension bei den Teil­zeit­helden
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