Das EWS eignet sich für Runden in denen schnelle, klare Ergebnisse von Handlungen und plastische Charaktere mit deutlichen Erkennungsmerkmalen gewünscht sind.
Die Struktur des EWS unterstützt nach unserer Erfahrung bestimmte Spielstile besser als andere.
Das Grundprinzip ist dabei: Ein Würfelwurf trifft eine Entscheidung.
Sehr gut eignet es sich dadurch für lockere Runden mit relativ klar definierten Charakteren. Beruf und Hintergrund und die vollständig selbstgewählten und -definierten Fertigkeiten und Eigenschaften lassen Charaktere sehr plastisch werden und es entsteht selten ein kritischer Mangel einer bestimmten Fähigkeit, auch wenn sie nicht explizit auf einem Charakterblatt steht (irgendwie können die Charaktere meistens weiterkommen).
Gleichzeitig laufen Interaktionen schnell und flüssig und Sieg oder Niederlage sind meist deutlich: Ein Treffer ist meist ein richtiger Treffer. Entsprechend ist es aber weniger geeignet für taktische Stellungsspiele und Runden, in denen Charaktere wenig Einfluss auf die Welt haben sollen. Das Würfelsystem gibt dafür zu klare Ergebnisse (allerdings können alternative Zufallssysteme (AZul) [1] hier teilweise Abhilfe schaffen). Klare Ergebnisse heißt: Ein Mindestwurf wird selten nur knapp erreicht (mit etwa 1/6 Chance), sondern meist entweder deutlich erreicht oder deutlich verfehlt (da die möglichen Würfelergebnisse je 2 Punkte Abstand haben, um ±0 sogar 3 Punkte).
Für sehr taktische Spiele, in denen jedes kleinste Detail zählen soll, würde ich daher eher Gurps® empfehlen, da hier die Ergebnisse stärker in einen kleinen Bereich gesammelt werden (Glockenkurve) und so ein kleiner Unterschied in dem sensitiven Bereich um 10 herum mehr ausmacht und dafür in unsensitiven Bereichen viel weniger.
Für sehr spezielle Runden im Stil von Sorceror oder Universalis kann das EWS zwar angepasst werden, allerdings würde ich das nur für Runden empfehlen, für die es noch kein gutes spezialisiertes Regelwerk gibt, das euch die Arbeit abnimmt, es sei denn, es ist euch (wie mir) wichtig, ein echt freies (also frei lizensiertes [2]) Regelwerk zu nutzen.
Allerdings hat es für eine Katzulhu-Runde [3] sehr gut funktioniert, und auch der Einsatz in einer Runde um Motivation in einem Alternativen England mit Technologie des 19. Jahrhunderts und einer Anti-Motivations-Kirche war ein voller Erfolg.
Gut eignet es sich auch für offene Crossover-Runden (wir spielen dann und wann in der "Stadt zwischen den Welten") und freie Fantasy-Runden ("was wolltet ihr schon immer mal spielen?"), wo es eine seiner großen Stärken ausspielen kann: Sehr plastische Charaktere ("Ich bin zu stolz, um zu Boden zu gehen", "Das kann ein Wartungsroboter wie ich" oder "Ich bin Jäger. Natürlich kann ich Fallen stellen").
Allerdings treten die Fähigkeiten leicht in den Vordergrund, weil die Effekte von Handlungen deutlich sind.
Auch hier gilt: Wenn ihr wollt, dass Unterschiede in Fähigkeiten nicht ganz so deutlich werden, oder wollt, dass sie sehr genau definiert werden müssen, nehmt eher ein System wie Gurps®. Allerdings können mit dem EWS Charaktere immernoch mit deutlich feineren Abstufungen beschrieben werden, als z.B. mit dem System der World of Darkness® oder mit Fudge™ oder FATE™.
Wenn ihr nun Charaktere wollt, die klare Erkennungsmerkmale haben und trotzdem wenig Schreibarbeit sind, und bereit seid, dafür auf etwas Eindeutigkeit zu verzichten (typisches Zitat: "Kann ich dafür auf 'Assassine' würfeln?" "Passt es zu deiner Vorstellung von Assassinen? Hat dein Charakter es als Assassine gelernt?"), dann passt das EWS wahrscheinlich zu eurem Spielstil.
Falls ihr bereit seid, Fähigkeiten selbst weiter auszuarbeiten (z.B. für eure Welt), könnt ihr die Eindeutigkeit zurück bekommen. Dafür müsst ihr nur definieren, was z.B. Assassinen bei euch lernen (oder z.B. was Assassinen aus der "Schule" lernen, die der Charakter besucht hat) und welche Eigenschaften zu welchen Fertigkeiten passen (also ihnen Boni geben). Wenn ihr das allgemein für jeden Charakter der Welt macht, verschenkt ihr allerdings die Offenheit, durch die das EWS es ermöglicht Charaktere einzigartiger zu machen, es sei denn, ihr definiert das für jeden Charakter individuell (das gibt euch dann Eindeutigkeit und Individualität, ist aber auch die meiste Arbeit). Meist enthält spätestens nach ein paar Runden die Charaktergeschichte bereits die gleichen Informationen, so dass sich die Eindeutigkeit nach einiger Zeit automatisch ergibt ("Ah, die Art von Pilot bist du.").
Im Zweifelsfall gilt: Probiert es einfach aus.
Fazit: Das EWS eignet sich nach unserer Erfahrung für Runden in denen schnelle, klare Ergebnisse von Handlungen und plastische Charaktere mit deutlichen Erkennungsmerkmalen gewünscht sind.
Da wir es seit 2004 knapp alle zwei Wochen in unserer durchlaufenden RaumZeit [4]-Kampagne "Wächter der Zeit" [5] spielen, sind passende Runden recht wahrscheinlich nicht nur Einzelknaller [6], auch wenn klare Charaktere vor allem bei kurzen Runden sehr praktisch sind, sondern auch lange laufende Kampagnen.
Das alles gilt natürlich mit der Einschränkung, dass die Spieler mit ihrer Freiheit umgehen können und eine Antwort auf die Frage finden "Was willst du spielen?". Durch Wahl eines Hintergrundes [7], der ihnen dabei hilft, kannst du die Antwort leichter machen. Beispielsweise liefert Technophob [8] Vorschläge für 4 Arten von Charakteren. Dadurch kann ein Charakter auch durch einfaches Auswählen der passenden Werte erschaffen, gleichzeitig aber mit frei erschaffenen Werten darüber hinaus entwickelt werden.
Viel Spaß beim Spielen!
Links:
[1] http://1w6.rakjar.de/deutsch/module/alternative-zufalls-systeme-azul
[2] http://lizenz.1w6.org
[3] http://pihalbe.org/?q=content/katzulhu-einzelknaller
[4] http://1w6.rakjar.de/deutsch/welten/raumzeit
[5] http://1w6.rakjar.de/deutsch/kampagnen/friedenszwang
[6] http://pihalbe.org/?q=category/tags/rollenspiel/einzelknaller
[7] http://1w6.rakjar.de/deutsch/welten
[8] http://1w6.rakjar.de/deutsch/technophob